Die Hersteller setzen beim Aufbau ihrer Ladenetze auf unterschiedliche Konzepte. Porsche – kein Wunder – setzt auf Exklusivität: Der jetzt offiziell eröffnete erste Ladepark steht nur Fahrern der Marke offen. Aber ob das auch so bleibt?
SP-X/Bingen. Das größte Ärgernis eines E-Auto-Fahrers ist neben der realen Reichweite das Laden, zumindest unterwegs. Für die Edel-Hersteller ist das Problem fast noch größer, denn ihren betuchten Kunden – die mindestens sechsstellig Beträge für ihr Auto ausgegeben haben – will man das Warten auf einen Ladeplatz verbunden mit anschließend (zu) langsamen Ladevorgängen nicht zumuten. Verschiedene Hersteller haben da ihre eigenen Konzepte, der Tesla-Schnelllader dürfte das gemeinhin bekannteste sein. Doch während die Musk-Marke ihre Säulen in verschiedenen Ländern nach und nach auch für Fahrer anderer Hersteller öffnet, geht Deutschlands Vorzeige-Sportwagenmarke Porsche nun zunächst einen anderen Weg: Die seit Juli in Betrieb befindliche und jetzt offiziell eröffnete erste Charging-Lounge ist ausschließlich Porsche-Fahrern zugänglich.
Ob das auch so bleibt, da wollte sich Alexander Pollich, CEO Porsche Deutschland, während der Eröffnung in Bingen, wo die Porsche-Ladelounge in der Nähe des Autobahnkreuzes A61/A60 installiert wurde, nicht festlegen. „Dies ist die erste Charging-Lounge und wir wollen in diesem dynamischen Umfeld zunächst lernen‘“, so Pollich. Es ist aber kein Geheimnis, dass die andere, wenn auch etwas weniger exklusive Premium-Marke des VW-Konzerns, Audi, sich mit ihrem Konzept, Ladestationen eher im urbanen Umfeld zu installieren, und das auf Langstrecke ausgelegte Konzept der Stuttgarter gut ergänzen würden.
Sechs Schnelllader mit je bis zu 300 kW Ladeleistung wurden jetzt in Bingen installiert. Und es soll sichergestellt sein, dass ein jeder Porsche auch bei kompletter Auslastung mit eben dieser vollen Leistung laden kann, die im nächsten Jahr auf 400 kW erhöht wird. Mit recht günstigen 33 Cent pro kW liegt der Preis genauso hoch wie an den Ionity-Säulen, wo man seinen Porsche natürlich weiterhin ebenfalls nachladen kann – wenn auch weniger exklusiv.
Im Zuge des Pilotprojekts sind weitere Lounges geplant, jeweils mit vier bis sechs überdachten Schnellladesäulen und einem kleinen Aufenthaltsbereich, in dem sich der Porsche-Fahrer frisch machen und Getränke und kleinere Snacks aus dem Automaten kaufen kann. Menschen sind, abgesehen von einem mehrmals täglich arbeitenden Reinigungsteam, nicht auf dem Areal. Daher hat Porsche ein umfassendes Sicherheitssystem installiert, bei dem unter anderem zwölf Kameras den gesamten Bereich überwachen. Zugang haben ohnehin nur Porsche-Fahrer, die sich entweder über eine Kennzeichen-Erkennung (wenn man dieses vorher in der Porsche-App hinterlegt hat), über die Ladekarte oder über einen Registrierungs-QR-Code ausweisen. Geplant sind weitere Lounges unter anderem in Ingolstadt, Hamburg und Würzburg sowie je eine in Österreich und der Schweiz.
Noch dürften Porsche-Fahrer auf ihrem Weg quer durch die Republik oder ins benachbarte Ausland keine Probleme haben, eine freie Säule in der Charging-Lounge zu finden. Vom einzigen echten Elektroauto, dem Taycan, haben die Schwaben seit 2020 zwar weltweit 110.000 Stück verkauft, in Deutschland aber nur 15.000. Mit der für 2025 avisierten, erstmals als reine Elektrobaureihe konzipierten neuen Generation des 718 wird die Zahl der Elektro-Porsche wahrscheinlich deutlich nach oben schnellen. Und bis 2030 sollen nach den Plänen der VW-Tochter weltweit 80 Prozent aller Neuwagen einen elektrischen Antrieb haben. Dann könnte es auch selbst bei einem bis dahin vermutlich deutlich gewachsenen Ladepark an den schicken Porsche-Charging-Stationen auch schon mal eng werden.